Landgericht Köln bestätigt Urteil gegen Josephine Witt

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Josephine auf dem Altar. Einfach göttlich!

Das Landgericht Köln hat in der letzten Woche das erstinstanzliche Urteil gegen die ehemalige Femen-Aktivistin Josephine Witt für ihren Sprung auf den Altar während der Weihnachtsmesse 2013 in zweiter Instanz bestätigt und sie wegen „Störung der Religionsausübung“ veruteilt. Ich empfinde dieses Urteil als Skandal!

Sicher kann man darüber streiten, ob Frau Witts Art des Protestes objektiv betrachtet geeignet war, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. Ich fand es sehr kreativ und habe damit kein Problem, aber, wie gesagt, darüber kann man geteilter Meinung sein. Nein, was ich als skandlös empfinde, ist, dass der Tatbestand „Störung der Religionsausübung“ als Straftat geahndet und sogar als Offizialdelikt verfolgt wird, d. h. die Staatsanwaltschaft nimmt Ermittlungen auf, auch ohne dass es einer Anzeige bedarf!

Religionsausübung ist definitiv Privatsache. Wie kann es sein, dass der (angeblich säkulare) Staat hier von Amts wegen Partei ergreift? Ich kann mir gut vorstellen, dass sich Gläubige von Frau Witts Aktion in ihren religiösen Gefühlen verletzt fühlen. Aber auch ich fühle mich regelmäßig in meinen weltanschaulichen Gefühlen verletzt, wenn sogenannte religiöse Würdenträger mit ihren nach meiner Auffassung infantilen Irrlehren Einfluss auf Politik und Gesellschaft nehmen. Ich empfinde sowohl den Anblick von religiösen Symbolen als Zumutung (egal ob Kruzifix, Kopftuch, Kippa etc.), wie auch die Allgegenwart sogenannter Gotteshäuser. Kein Strafrechtsparagraf schützt mich davor. So sollte es auch umgekehrt sein. Wenn sich jemand persönlich beleidigt fühlt, mag er meinethalben Anzeige erstatten. Auch kann der Kardinal als Hausherr des Kölner Doms jederzeit gegen einen Störenfried wegen Hausfriedensbruchs vorgehen. Das Strafgesetzbuch gibt das her. Aber ein Straftatbestand „Störung der Religionsausübung“, noch dazu als Offizialdelikt, hat in der heutigen Zeit im Strafgesetzbuch nichts verloren.

Es wird allerhöchste Zeit, den Strafrechtsparagraphen 167 in Gänze anzugreifen und ihn und seinen ebenso antiquierten Artgenossen, den sogenannten „Blasphemieparagrafen“ 166, auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Ich kann mir nur wünschen, Frau Witt möge die Kraft finden, den Instanzenweg weiterzugehen. Sie verdient für ihre Standhaftigkeit die Solidarität und Unterstützung der freidenkenden Gesellschaft!

 


Kommentare

2 Antworten zu „Landgericht Köln bestätigt Urteil gegen Josephine Witt“

  1. Avatar von KingSirus
    KingSirus

    Eine freidenkende Gesellschaft sollte gleichermaßen aber auch eine tolerante Gesellschaft sein. Mag sein, dass man Religion, Glaube und dergleichen selbst nicht versteht oder nachempfinden kann, dennoch gibt es nicht umsonst den Aspekt der „Religionsfreiheit“ im Grundgesetz. Dies bedeutet mehr als nur das Recht einer Religion angehören zu dürfen oder eben das Recht aus einer auszutreten! So ist beispielsweise Religionsausübung nicht zwingend nur Privatsache, auch wenn Sie das so sehen mögen, sondern ebenfalls ein Akt der innerhalb der Religionsfreiheit als schützenswert erachtet wird. Insofern ist jegliche Tat, die andere Leute eben in ihrer persönlichen Freiheit ihrem Glauben nachgehen zu können hindert, ein Verstoß gegen genau diesen Gesetzesumstand. Das die Staatsanwaltschaft hier agiert hat insofern etwas damit zu tun, dass eben eine Störung in einem öffentlichen Raum (wie gesagt, Religionsausübung in einer Stätte wie einer Kirche ist KEIN Privatraum, ergo auch kein Hausfriedensbruch, sondern Erregung öffentlichen Ärgernisses bzw. eben in diesem Fall Störung der Religionsausübung!) stattgefunden hat.

    Falls Sie sich wirklich als freidenkende und vielleicht auch kritisch denkende Person sehen, so empfehle ich Ihnen den Podcast „Glaubenssache“ vom Psychologen Alexander „Hoaxmaster“ Waschkau und Eduard Habsburg. Der Untertitel „Atheismus und Katholizismus im Diskurs“ verspricht nicht zu viel, da beide Personen eben Dinge ansprechen, die Sie in Ihrem Artikel anschneiden (Bsp. Wie empfindet man als Nicht-Gläubiger die Gegenwart von Glaubensymbolen und Gebäuden), aber letztendlich in einem respektvollen Umgang. Und genau dies führt weiter, als auf seiner verbohrten Meinung herumzupochen.

    P.S.: Bin mal gespannt ob der Kommentar freigeschaltet wird 😀

    1. Avatar von Schreiberlein
      Schreiberlein

      Hallo, KingSirius,
      na klar wird der Kommentar freigeschaltet. Gibt doch keine Zensur hier. 🙂
      Allerdings muss ich widersprechen, was den Streitfall „Erregung öffentlichen Ärgernisses“ angeht. Der Kölner Dom ist kein Gebäude, das sich in öffentlicher Hand befindet. Eigentümer des Doms ist die Hohe Domkirche zu Köln. Das Hausrecht wird vom Kölner Domkapitel ausgeübt und nicht vom Ordnungsamt oder sonst einer öffentlichen Institution. Insofern hatte das Domkapitel die Möglichkeit, wegen Hausfriedensbruchs Anzeige zu erstatten, hat aber damals ausdrücklich davon abgesehen, da man der Angelegenheit keine so große Bedeutung beimaß. Dass hier von Staats wegen ein Verfahren eingeleitet wurde, ist dem Blasphemiestrafrecht zu verdanken.

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