Der nächste Überarbeitungszyklus steht an (ich glaube, es ist der fünfte, oder?). Nachdem die Geschichte jetzt vollständig ist, alle Charaktere vernünftig eingeführt sind, alle Szenen beschrieben und alle Schauplätze vorgestellt, könnte man, übertragen auf das Drehen eines Films sagen: Die Sache ist im Kasten.
Und was folgt beim Film, wenn die Story abgedreht ist? Richtig: Der Schnitt! Wenn man sich auf Film-DVDs die sogenannten „deleted Scenes“ anschaut, fragt man sich manchmal, warum ist diese oder jene rausgeschnittene Szene nicht im fertigen Film gelandet? Schaut (oder hört) man sich die Kommentare des Regisseurs dazu an, fallen solche Sätze wie: „Ich habe diese Szene sehr gemocht. Wir haben sie trotzdem rausgeschnitten, weil sie an dieser Stelle das Tempo zu sehr verschleppt hätte.“ oder „Oh, ich habe es gehasst, diese Szene rauswerfen zu müssen, aber wir hätten zu viel über die Story verraten, wenn wir sie drin gelassen hätten.“ Und so weiter und so weiter. Es gibt mannigfaltige Gründe, warum Szenen eines Films, obwohl sie für sich betrachtet gut sind, es nicht bis ins Kino schaffen.
Bei Manuskripten ist das ganz ähnlich und genau vor diesem Bearbeitungsschritt stehe ich gerade. Jede Szene, jede Beschreibung eines „Bühnenbilds“, jeder innere Monolog und jeder Dialog stehen auf dem Prüfstand.
Da ist zum einen die Frage des Tempos: Ist die Sprache kurz und knapp oder wird das Tempo unnötig verschleppt? Ist der Einstieg in die Szene direkt genug oder halte ich mich zu lange mit Vorreden auf?
Dann die Frage des Inhalts: Hat die Szene für den Fortgang der Geschichte eine Relevanz oder existiert sie nur, weil sie hübsch ist oder einen originellen Einfall enthält? In Bezug auf einen Dialog heißt das: Enthält der Dialog einen Konflikt oder wird nur herumgelabert?
Weiter ist zu prüfen, ob dem Leser Schlussfolgerungen aufgedrängt werden, die dieser leicht selbst ziehen kann. Wirkt der Text dadurch altklug oder gar belehrend? Und so weiter und so weiter. Kurzum: Jede einzelne Szene des Textes wird gecheckt.
Aber was für Szenen gilt, trifft gleichermaßen auf jede einzelne Zeile innerhalb einer Szene zu. Grundsätzlich gilt: Lasse alles Entbehrliche weg und sage das Notwendige nur einmal.
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